Geschichte
1904 bis 1918
Am 1. April 1904 wurde unsere Schule von 1202 Schülern bezogen. Der Bau hatte ein Jahr (von 1903 bis 1904) gedauert und 387.000 Reichsmark (RM) gekostet. Die Pläne für die Schule hatten Franz Frenay und Johann König entworfen.
Die Mittelschule II hatte 35 Klassensäle. An der Nordseite war der Schulhof von einem Schulgarten begrenzt, auf der Westseite gab es einen Teich. Die Mittelschule II war als Doppelschule für Jungen und Mädchen eingerichtet. Das Gebäude hatte 3 Stockwerke und ein Dachgeschoss. Im 1. Obergeschoss befand sich das Rektorzimmer, ein Beratungszimmer und ein Bibliothekzimmer, das zugleich auch als Wartezimmer diente. Im 2. Obergeschoss auf der Südseite befand sich ein Raum für Naturlehre und im Erdgeschoss befand sich das Lehrer/ Lehrerinnenzimmer, die natürlich getrennt waren. Im Mittelbau waren Reserveklassen, ein Singsaal, Lehrmittelräume und ein Zeichensaal. In einem Raum waren jeweils 48 bis 50 Schüler untergebracht.
Viele erinnern sich an die strikte Trennung von Jungen und Mädchen in der Schule. Die Stunden selbst erforderten viel Stillsitzen und Aufpassen, bei Fehlverhalten wurde man in die Ecke gestellt oder erhielt Rohrstockschläge auf die Fingerspitzen (wenn man falsch gezeichnet hatte) oder auf den Po. Die Lehrer und Lehrerinnen waren die Respektspersonen. Größere Wanderungen und gar Klassenfahrten gab es nicht, aber Ausflüge in die Umgebung. Der Schulbesuch kostete 6,-- RM monatlich und besonders, als es im 1. Weltkrieg vielen Leuten wirtschaftlich schlecht ging, mussten Mädchen die Schule vorzeitig abbrechen, da sie zu Hause als Hilfe gebraucht wurden.
1918 bis 1933
Die Schule wurde umbenannt in Mornewegschule, nach Adolf Morneweg, der von 1894 bis 1909 Oberbürgermeister Darmstadts war. In den zwanziger Jahren veränderten sich die Klassen: nach 3 oder 4 Jahren wechselten manche Schüler in die höhere Schule; die verbleibenden Schüler wurden weitere 4 Jahre unterrichtet.
Es waren 34 Stunden in der Woche, davon 6 vormittags und 2 nachmittags. Die Klassen wurden streng nach Mädchen und Jungen unterteilt. Untereinander reden war untersagt. Beim Aufruf musste man aufstehen und sich neben die Bank stellen. Antworten gab man überhaupt nur bei Fragen. Sobald der Lehrer die Klasse betrat, erhoben sich die Schüler. Die Stunden verliefen sachlich und
streng.
1933-1945
Zu Beginn des Schuljahres 1935/36 waren 11 E-Klassen vorhanden, die sich in den folgenden Jahren rasch vermehrten, so dass die Zahl der Volksschulklassen immer mehr abnahm. Schließlich blieb nur noch die Grundschule übrig, und als die Mittelschule eine Klassenzahl von 24 erreicht hatte, war keine einzige Volksschulklasse mehr im Schulhaus. Jetzt endlich hatte die Mornewegschule den so dringend notwendigen Raum. Vor allem konnten jetzt weitere Nebenräume eingerichtet werden. Leider fehlte ein großer Festsaal, an dessen Stelle die Turnhalle benutzt wurde. Ganz große Veranstaltungen, besonders die Entlassungsfeiern, wurden in der Bessunger Turnhalle abgehalten. Der Schulgarten gehörte ursprünglich nicht zum Schulgrundstück. Erst im Jahre 1938, als durch den Tod des Besitzers die Möglichkeit zum Erwerb gegeben war, wurde der Garten von der Stadt angekauft und die Mauer durchbrochen. Je am West- und Ostende war eine gedeckte Halle vorgesehen, in denen im Sommer Biologieunterricht gehalten werden sollte.
Gegrüßt wurde auch in der Schule mit dem "Heil Hitler" und Mittwochnachmittag war "Jungvolktag". Im übrigen verliefen die Unterrichtsstunden streng und diszipliniert wie in den Jahren zuvor und auch an den Strafen hat sich nichts geändert.
Der Kriegsbeginn 1939 hat auch den Schulalltag verändert. Viele Lehrer mussten zum Wehrdienst, trotz allem konnte der Unterricht von den zurückgebliebenen Lehrern oder Hilfskräften weitergeführt werden.
1945-1950
Am 1.10.1945 wurde in der ausgebrannten Mornewegschule der Unterricht wieder aufgenommen:
Keller (z.T. mit Sandboden) und Erdgeschoss konnten benutzt werden, die Räume waren aber dunkel, kalt und feucht. Bei starker Kälte saßen die Schüler in Mäntel da oder wurden nach Hause geschickt; bei Regen wurden Wasserbleche ausgelegt und der Hausmeister war mit Wischen beschäftigt, viele Bücher konnten nicht mehr benutzt werden, Schiefertafeln gab es nur 4, die Lehrer haben viel diktiert.
Die Kinder hatten aber auch nicht genügend Hefte. Sie brauchten alte Hefte bis zum letzten Rand oder tauschten gebrauchte Hefte gegen neue ein. 15 Säle standen zur Verfügung, die oberen Stockwerke waren z.T. zerstört oder wurden von Flüchtlingsfamilien bewohnt. Die vielen Kinder konnten nur im Schichtunterricht, in Riesenklassen von 45-60 Schülern und Schülerinnen unterrichtet werden: Jungen vormittags, Mädchen nachmittags, außerdem noch
Sonder- und Berufsschüler.
In der Schule wurden aber auch ganz andere Leute aktiv: z.B. "die Läusetante", sie untersuchte die Kinder auf Ungeziefer oder "die Schulärztin". Sie teilte die Schüler nach ihren Gesundheitszustand in 5 Gruppen ein, und danach nahmen sie an der Schulspeisung ("Quäker-Speisung", denn das Essen war eine amerikanische Spende) teil: V+IV brauchten unbedingt 2 Speisungen pro Tag, III+II erhielten 1 Speisung, I keine. Für diese Speisung brachten die Kinder Emaillebehälter mit zur Schule.
In den Schulakten fand sich eine "Schuhbesohlungsbescheinigung", die an bedürftige Schüler ausgegeben werden konnte. Auch in dieser Nachkriegszeit war der Schulgarten wichtig, denn dort wurden Nahrungsmittel angebaut. Einmal explodierte sogar ein "Blindgänger" im Keller, und die Kinder rannten in Panik ins Freie.
Zum Feiern fehlte in der Schule Zeit und Raum, Abschlussfeiern und ein Goethefest wurden daher in der Bessunger Turnhalle oder der Pauluskirche abgehalten. "Wanderungen" waren schon die ganz normalen Schulwege, schließlich war die Mornewegschule zunächst die einzige Schule im Süden Darmstadts.